Mehrwert statt Meerblick
Wasserlinien an Österreichs Seen

In Ermangelung eines Küstenstreifens gehören die Wasserlinien an Österreichs Seen zu den teuersten Gründen der Republik. Und steigen Jahr für Jahr im Wert.

Wenn ich den See seh, brauch ich kein Meer mehr: Für Herrn und Frau Österreicher mag dieses Motto in Ermangelung eines landeseigenen Küstenstreifens vielleicht aus der Not heraus geboren sein. Die Liebe – und damit auch die Liebhaberpreise –, die in Seeliegenschaftenlandauf, landab investiert werden, können durchaus mit jenen am Meer mithalten. Denn kein anderer Luxusimmobilien-Markt in Österreich ist so von der Nachfrage dominiert wie jener an den angesagten Seen. Den Traum vom Haus direkt am Wasser, samt eigenem Badestrand, Steg, Bootshaus oder Boje würde sich manch einer gern Millionen kosten lassen – wenn er denn könnte. „Preise mächtig gestiegen.“ Das Motto heißt seit Jahren „Gut, aber aus“, die Zahl der echten, privaten Seeliegenschaften mit den genannten Insignien, die den Besitzer wechseln, lässt sich pro See und Jahr an einer Hand abzählen – und dabei werden oft nicht einmal alle Finger gebraucht. Was auch Menschen, die sonst alles haben können, viel Geduld oder Kompromisse abnötigt: Bis das Traumanwesen im auserkorenen Ort am See der Wahl auf den Markt kommt, können schon einmal zehn Jahre vergehen, in denen sich außer den Preisen nichts bewegt. Das dafür aber gründlich und nur nach oben.

„Wir haben in den vergangenen zehn Jahre sicher eine Steigerung von 70 bis 75 Prozent bei den Wohnungspreisen gehabt, bei den Grundstücken sogar bis zu 100 Prozent. Rückblickend denkt man: Das hätte ich selber kaufen sollen“, lacht der Makler, der lange Listen mit Kaufinteressenten pflegt, die nur darauf warten, dass etwas Entsprechendes auf den Markt kommt. Und „entsprechend“ heißt eben wirklich direkt am Wasser und in einer Grundstücksform, die nicht drei Meter Uferlinie und unzählige Quadratmeter Hinterland aufzuweisen hat. Wer sich mit der zweiten oder gar dritten Reihe zufrieden gibt oder tatsächlich den See nur sehen will, ist mit einem Bruchteil der Preise dabei.

Wobei sich vor allem in Kärnten in den vergangenen zehn Jahren auch abseits der klassischen Villa mit Seegrund im Luxussegment viel getan hat. „Richtig angefangen hat die Entwicklung schon 2007 mit der Eröffnung des Schlosshotels in Velden“, erklärt Seidl, „bis dahin gab es nur wenige Wohnanlagen mit einer gemischten Nutzung aus Hotel und Apartments.“ Mit dem Schlosshotel sei auch ein ganz anderes, internationales Publikum nach Kärnten gekommen, das sich für das Konzept der servicierten Wohnungen samt Concierge und Security interessiert hat, darunter unter anderem Käufer aus Russland. Wobei zu Boomzeiten dieser Kunden „die meisten Käufer auch heute noch Österreicher sind“, so Seidl. „Und das selbst bei den teuersten Anlagen. Da sind 80 bis 90 Prozent der Käufer heute einheimische Käufer, der Rest kommt hauptsächlich aus Deutschland.“ Hochwertige Anlagen mit Eigentumswohnungen sind in den vergangenen fünf Jahren in großem Stil gebaut worden. Wohnungen unter klingenden Namen wie Rosenhofresidenzen, Hermitage oder Laisseefaire, die teils per Brücke oder Tunnel mit dem See verbunden sind und einen gemeinschaftlichen privaten Badestrand exklusiv für die Bewohner bieten – Liegestühle, Cabanas, Anlegeplätze und Handtücher inklusive.
Services, die nachgefragt sind und kontinuierlich höhere Preise möglich machen, wie Seidl erzählt: „2009 lagen die Preise beim Hotel Werzer noch bei 6000 bis 7000 Euro auf dem Wohnquadratmeter, vor zwei Jahren waren 10.000 Euro noch die Ausnahme, inzwischen sind 13.000 Euro keine Seltenheit mehr, in manchen werden 12.000 bis 17.000 Euro verlangt.“
Bei den Grundstückspreisen sieht der Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre ähnlich aus: „Damals gab es noch einen Quadratmeter Seegrund um 3000 Euro; im vergangenen Jahr sind für ein kleineres Grundstück am See 7000 gezahlt worden“, so Seidl.

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